In dieser Rubrik findet ihr in unregelmäßiger Reihenfolge Interessantes, Wissenswertes und Informatives über die Geschichte der Eutiner SPD. Dabei orientiert sich das Autorenpaar, Regine und Karlheinz Jepp, an Jahrestagen, Jubiläen und sonstiges Feiertagen.
Viel Spaß beim Lesen.
Mögen diese Zeilen ein wenig zeigen, was die Eutiner SPD in den letzten 150 Jahren für Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit geleistet hat! Wir sind keine Zeiterscheinung, sondern ein gestaltendes Element der Eutiner Geschichte.
1869
Das erste nachvollziehbare Zeichen der sozialdemokratischen Vergangenheit in Eutin ist die Gründung des „Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins“ (ADAV) am Sonntag, den 7. November 1869 im Saal der Eutiner Herberge des Gastwirtes Struck, Am Markt 14. Im Anzeiger für das Fürstentum Lübeck vom 3. November liest sich die Einladung folgendermaßen:
„Allgemeine Arbeiter-Versammlung Sonntag den 7. Novbr. Nachmitt. 3 Uhr im Saale des Gastwirth Struck in Eutin. Die Arbeiter Eutin´s und Umgegend werden dringend ersucht, sich möglichst zahlreich an der Versammlung zu betheiligen. Tages-Ordnung: Vortrag des Herrn Vater aus Hamburg, betreffend den allgemeinen deutschen Arbeiterverein. Der Zutritt steht Jedermann frei. Der Bevollmächtigte des deutschen Zimmermanns-Vereines.“
Die Gründung des Eutiner Ortsvereins schließt sich unmittelbar an. Einen Monat später werden die Mitglieder aufgefordert, die Mitglieds-„Karten und Statuten“ in Empfang zu nehmen.
1921
Nach dem grausamen Krieg, nach Revolution und Kapp-Putsch, der auch in Eutin ein Todesopfer gefordert hat, stabilisieren sich die Verhältnisse langsam. Das Parteileben ist in dieser Zeit sehr rege. Etwa alle drei Wochen findet eine Mitgliederversammlung statt, auf der die politische Situation und die wirtschaftliche Lage diskutiert werden. Oft sind auswärtige Referenten anwesend. Bei diesen Treffen spielt die allgemeine Lage der Partei ebenso eine Rolle wie das Selbstverständnis der Sozialdemokratie. Dazu die „Schleswig-Holsteinische Volkszeitung“: „Jeder Sozialdemokrat muss einer Gewerkschaft angehören, dem Konsumverein (um die Sozialisierung zu fördern), seine Versicherung bei Volksfürsorge abschließen, sein Bankkonto bei der Sparkasse des Konsumvereins führen, das Parteiblatt lesen, sich einem Arbeiterturnverein anschließen, …“ Gewerkschaft, Arbeitergesangverein, Konsum, Freie Turnerschaft, Parteizeitung, Baugenossenschaft u. a. m., das sind die Elemente der Arbeiterbewegung, die gemeinsam eine enorme Integrationskraft entfalten. Neben der Partei sind es vor allen der Arbeiter-Radfahrer-Verein „Pfeil“ und der Arbeiter-Turnverein „Eichenkranz“, die regelmäßig in der Öffentlichkeit präsent sind.
1945
Bereits am 19. April 1945, fast drei Wochen vor Kriegsende, beschließen Kurt Schumacher und einige andere Genossen bei einem Treffen in Hannover die Wiedergründung der SPD. Die Sozialdemokratie muss zwar aus dem Nichts erneuert werden; aber als Ideen- und Wertegemeinschaft hat sie zwölf Jahre Naziterror überlebt. Eine erste, inoffizielle Bezirkskonferenz der SPD nach dem Ende der Nazizeit findet am 27. und 28. Oktober 1945 im Druckereigebäude der „Schleswig-Holsteinischen Volkszeitung“ in Kiel, Bergstraße 11, statt. Die erste Stadtvertretung von 1945 wird von der britischen Militärregierung ernannt. Aus 81 Vorschlägen werden 28 Personen ausgewählt. In der ersten Sitzung am 5. Dezember 1945 wird Hinrich Steenbock zum Bürgermeister und Reinhold Ihlenfeldt zum Stadtdirektor gewählt. 12 Vertreter der SPD stehen 14 Bürgerlichen, einem parteilosen und einem KPD-Mitglied gegenüber.
Die SPD wird in dieser ersten Eutiner Stadtvertretung durch die Herren: Dr. Leopold Enzian, Hermann Petersen, Otto Friedrichs, Hugo Roggenkamp, Paul Weidemann, Walter Knickrehm, Hans Grage, Bernhard Runge, Heinrich Lubb, Otto Priess, Albert Diegmann und Reinhard Prehn vertreten. Studienrat Enzian wird stellvertretender Bürgermeister, gleichzeitig werden sieben Ausschüsse besetzt. Vor dem Eintritt in die Tagesordnung widmen die neuen Stadtvertreter dem im KZ ermordeten Stadtvertreter Carl Ullrich eine Gedenkminute. Diese Stadtvertretung tritt insgesamt 1945/46 zu acht Sitzungen zusammen.
1966
Am 8. und 22.Januar findet in Eutin ein außerordentlicher Landesparteitag unter der Leitung des Landesvorsitzenden Jochen Steffen statt. Die bis heute unter der Bezeichnung Eutin I und Eutin II bekannten Entschließungen zur Deutschland- und zur Gesellschaftspolitik erregen in der gesamten Bundesrepublik Aufsehen. Die in der „Eutiner Erklärung“ aufgestellte Forderung nach direkten Verhandlungen mit der DDR findet viel später in der Politik von Willy Brandt und Egon Bahr ihren Niederschlag. Auch in der Presse außerhalb der Landesgrenze stoßen die Ergebnisse dieses Parteitages auf Resonanz.
Doch auch im Lokalen tut sich ´was. Zur bevorstehenden Kommunalwahl haben sich die sehr aktiven Jusos schon frühzeitig positioniert.
Der stellvertretende Landesvorsitzende Günther Jansen, der später Landessozialminister im Kabinett von Björn Engholm sein wird, sorgt dafür, dass in der Juso-Zeitung „Junger Politiker“ die im Wahlbezirk Fissau-Sielbeck gegeneinander antretenden Kandidaten Intendant und Oberstleutnant a. D. Kurt Brinck (CDU) und der 30-jährige Polizeibeamte Egon Thormann (SPD) skizziert werden. Allerdings wird mit dem Artikel Toleranz und Humor des Bürgervorstehers deutlich überstrapaziert. Nach einer einstweiligen Verfügung und einer Strafanzeige wegen Ehrverletzung auf Antrag des CDU-Manns dürfen die Jusos nicht mehr erklären: „Brinck von der Polizei verfolgt“.